Ich experimentiere seit Jahren mit pflanzlichen Farbstoffen auf Wolle und habe viel ausprobiert — von aufwändigen Beizen bis zu spontanen Tests mit Küchenabfällen. In diesem Beitrag konzentriere ich mich bewusst auf das, was ohne klassischen Mordant (Alum, Eisen etc.) funktioniert: welche Naturfarben realistische Ergebnisse auf Schafwolle liefern, welche Techniken ich empfehle und worauf du achten solltest, damit Farbe hält und schön aussieht.
Warum manchmal ganz ohne Mordant?
Für mich geht es oft um Einfachheit, Regionalität und geringe Umweltbelastung. Mordants können die Farbkraft und Lichtbeständigkeit verbessern, aber nicht jede Färbung braucht sie — besonders wenn man natürliche Töne, sanfte Nuancen oder experimentelle Oberflächen will. Außerdem ist es praktisch, wenn man spontanes Färben mit Küchenresten oder Gartenfunden machen möchte.
Fünf Pflanzen/Materialien, die ohne Mordant gut funktionieren
Ich habe fünf Rohstoffe ausgewählt, die ich regelmäßig nutze. Ich beschreibe kurz die zu erwartenden Farben, ihre Stabilität und ein paar Tipps aus meiner Praxis.
- Zwiebelhäute (gelb bis tieforange)
Zwiebelhäute sind für mich die zuverlässigste Mordant-freie Quelle. Weiße Zwiebelhäute ergeben warmes Gelb bis Honig, rote Zwiebelhäute eher warme Orange- bis Rosttöne. Die Farbe haftet auf Proteinfasern überraschend gut, besonders bei längerer Ausmauerung (langes Köcheln oder Übernacht-Aufguss).
- Walnussschalen / grüne Walnusshülsen (braun, tiefbraun)
Die grünen oder getrockneten Walnusschalen liefern sehr satte Brauntöne und sind extrem färbestark — oft sogar ohne Mordant. Das ist eine meiner Lieblingsquellen für tiefe, natürliche Brauntöne. Achtung: sie färben sehr intensiv, schütze Hände und Arbeitsfläche.
- Avocadokerne und -schalen (rosé bis beige)
Avocadokerne und -schalen ergeben zarte Rosé-, Pfirsich- und Beige-Töne auf Wolle. Die Nuance hängt vom Ausgangsmaterial und der Kochausdauer ab. Die Farbtöne sind meist weich und launenhaft — ideal für subtile, natürliche Looks.
- Schwarzer Tee / Kaffee (beige bis braun)
Einfach, günstig und überall verfügbar: starker schwarzer Tee oder Kaffee gibt warme Beige- bis Brauntöne. Ich nutze dies gern für eine erste Tonung oder um bereits gefärbte Stränge zu „altern“.
- Rhabarberwurzel / Rhabarberstängel (gelblich bis gold)
Rhabarberwurzeln (oder -stängel) liefern warme Gelbtöne ohne Mordant. Nicht so lichtstabil wie andere Pflanzenfarben, aber für Wohntextilien oder Innengebrauch dennoch sehr schön.
Vergleichstabelle: Farbe, Intensität und Waschstabilität
| Pflanze | Erwartete Farbe | Intensität | Wasch-/Lichtstabilität |
|---|---|---|---|
| Zwiebelhäute | Gelb bis Orange | Mittel bis hoch | Mittel – gut bei schonender Wäsche |
| Walnusschalen | Tiefbraun | Hoch | Gut – sehr langlebig |
| Avocado | Rosé, Beige | Mittel | Mittel – leicht verblassend |
| Tee/Kaffee | Beige bis Braun | Mittel | Mittel – empfindlich bei starker Sonne |
| Rhabarber | Gelb/Gold | Niedrig bis Mittel | Eher gering – für Innengebrauch geeignet |
Drei Techniken ohne Mordant, die ich oft benutze
Je nach Material und gewünschtem Ergebnis wähle ich eine der folgenden Methoden. Alle Techniken sind für ungefärbte, saubere und gesäuberte Wolle gedacht — vorher spülen/scouren nicht vergessen.
Direktes Auskochen / Exhaust-Dyeing
Das ist meine Standardmethode für Zwiebelschalen, Walnuss oder Avocado. Vorgehen:
- Wolle gründlich waschen (lauwarmer Waschsoda- oder Wollwaschgang), ausdrücken.
- Pflanzenmaterial in Wasser köcheln, 1:10–1:20 Verhältnis Material zu Wasser, je nach Material. Bei Zwiebelschalen z. B. 100–200 g Schalen pro Liter.
- Mindestens 1 Stunde leicht köcheln, dann abkühlen lassen. Manche Materialien über Nacht ziehen lassen.
- Wolle in den Sud geben, langsam erhitzen und 45–90 Minuten bei niedriger Temperatur halten. Nicht stark sprudeln lassen, damit die Wolle nicht verfilzt.
- Langsam abkühlen lassen und vorsichtig auswaschen.
Cold Soak / Kaltauszug über Nacht
Für empfindliche Nuancen (z. B. Avocado, Tee) bevorzuge ich einen Kaltaufguss:
- Material mit heißem Wasser übergießen, abkühlen lassen und dann die Wolle dazugeben.
- 12–24 Stunden ziehen lassen, gelegentliches Umwenden.
- Je länger der Sud zieht, desto intensiver die Farbe. Vorsichtig ausspülen.
Eco-Printing / Bundling und Dämpfen
Eco-Printing ist mein experimenteller Favorit: Pflanzen direkt auf die Wolle legen, eng einrollen (mit Alufolie, Seidenpapier oder Stoff) und dämpfen. Dies funktioniert sehr gut mit frischen Blättern, Zwiebelschalen oder Avocado — die Pigmente werden direkt auf die Faser „gedruckt“. Tipp: vorher leicht mit einer Tanninquelle (z. B. Tee) vorbehandeln, das verstärkt die Haftung, ohne klassischen Mordant zu verwenden.
Praktische Tipps aus der Werkstatt
- Faser vorbereiten: Saubere, entfettete Wolle nimmt Farbe besser auf. Ein kurzes Soda-Waschbad oder Wollshampoo reicht.
- pH beachten: Viele Pflanzen reagieren auf pH. Ein neutral bis leicht saures Milieu funktioniert oft am besten. Essig kann helfen, Gelbtöne zu stabilisieren, aber teste vorab.
- Teststrang anfertigen: Immer zuerst einen kleinen Strang färben, um Farbton und Waschbarkeit zu prüfen.
- Fixierung: Manche Farben profitieren von einem kalten Seifenbad nach dem Färben (leichtes Wollwaschmittel). Vermeide heißes Spülen, das kann ausbluten.
- Lichtschutz: Viele Pflanzenfarben sind lichtempfindlich — für Sonneneinstrahlung weniger geeignet.
Sicherheit und Umwelt
Obwohl es „natürliche“ Farben sind, können einige Materialen (Walnuss) sehr färbend und hautreizend sein. Ich arbeite immer mit Handschuhen, schütze Arbeitsflächen und kompostiere organische Reste. Sudwasser kann in den Garten (nicht bei sehr konzentrierten, salzigen Lösungen), aber achte auf lokale Vorschriften.
Wenn du Lust hast, probiere zunächst mit Zwiebelhäuten und Avocadokernen — das sind die freundlichsten und unkompliziertesten Einstiegsstoffe. Teile gern deine Ergebnisse mit mir: ich freue mich immer über Fotos und Erfahrungen, die wir auf Campaignforwool zusammen diskutieren können.